Industrie-Unregistrierter
Gast

Zitat von
Unregistriert
Wie kann ich mir die Arbeit als Laborleiter vorstellen?
Und wie sieht es mit einer Promotion in der med. Chemie aus? Was für Chancen habe ich da in der Industrie?
Die Arbeit als Laborleiter umfasst zu 90% Dinge, die du nicht im Studium, eher in der Promotion, lernst.
- Laborplanung: Aufgaben der Laboranten, Testreihen, Stabilitätstests
- Organisation/Personalführung (Ordnung im Labor aufrechterhalten)
- Kommunikation/Organisation (Projektmanagement der einzelnen Forschungs-/Entwicklungsprojekte, Besprechungen, Emails, Telefonate)
- Organisation (Erstellen von Arbeitsanweisungen/SOPs, Erhebung von Kennzahlen, sonstiges Reporting, Prozessoptimierung)
- Fachliches (Testergebnisse beurteilen, Versuchsplanung, erfolgversprechende Ansätze finden, Literaturrecherche)
Grundsätzlich ist der organisatorische Teil eines Laborleiters in F+E sehr ähnlich wie bei einem Laborleiter in der Qualitätskontrolle. Es ergibt sich allerdings ein etwas anderer Fokus: Weniger operative Tätigkeit, mehr Projektarbeit. Weniger Routineanalytik, mehr Improvisation. Abhängig davon, ob man selbst als Synthesechemiker an der Bench steht oder ein Team leitet, ist man entweder selbst mit Synthese/ Analytik/ Auswertung/ Dokumentation/ Versuchsplanung beschäftigt oder beaufsichtigt das bei Anderen. Forschung werden in der Industrie die Wenigsten betreiben. Industrielle Forschung betreibt man hauptsächlich in großen Unternehmen und das auch nur für einige Jahre, solange man noch topaktuelle Fachkenntnisse aus vorangegangener Promotion/PostDoc einbringt. Danach erfolgt üblicherweise der Wechsel in andere Bereiche/Positionen. Die meisten Leute in der industriellen F+E beschäftigen sich mit Entwicklung. In diesem Bereich ist Kommunikation mit Kunden/Vertrieb/Marketing/Einkauf/Produktmanagement wichtig.
Der Bereich medizinische Chemie hat ein sehr ungünstiges Verhältnis von Industriestellen zu Interessierten. Viele Chemiker wollen das auch machen. In dem Bereich musst du wirklich zu den Top-Leuten gehören. Sprich: Publikationen, renommierte Arbeitsgruppe, Auslandsaufenthalt, Praktika, MBA. Du kannst ja mal nachschauen, was für Anforderungen Bayer an seine Bewerber für F&E stellt.
Es setzt sich leider auch die Unsitte durch, dass F&E zunehmend an Universitäten outgesourct wird. Das heißt, an der Uni wird der Wirkstoff entwickelt, die klinische Phase und Formulierung geht wieder an das Unternehmen.
Gut für das Unternehmen, es spart Entwicklungskosten.
Gut für die Uni, sie bekommt Drittmittel und kann sich mit Industriekontakten rühmen.
Schlecht für die Doktoranden, die ihren eigenen Arbeitsplatz abschaffen.
Versteh mich nicht falsch, ich will dir nicht davon abraten, aber erwarte nicht, dass du nach der Promotion auch einen Job in diesem Bereich findest.
In welchem Semester welcher Uni bist du denn? Deine Interessen können sich durchaus noch verschieben.