Hallo Leute,
ich wollte mal eure Meinung zu meiner Situation anhören. :-) Ich habe etwas Biomedizinisches studiert und momentan eine Promotionsstelle an einem Uniklinikum inne. Grund für die Studienwahl damals war, dass mir die Mischung aus Medizin und Naturwissenschaft gut gefallen hat und das Studium war auch echt gut. Allerdings muss ich inzwischen feststellen, dass mir die traditionelle Naturwissenschaftlerkarriere (also Promotion - Postdoc - evtl mal Prof und bis dahin Stiefellecker und Bittsteller) nicht liegt. Laborarbeit ja, Forschung und wissenschaftliches Arbeiten eher nein. Gerade weil die Forschung oft sehr realitätsfern ist und nie im Leben jemandem etwas bringen wird, aber auch weil mir die Arbeitsweise nicht liegt und ich mich damit oft irgendwie überfordert oder zumindest unmotiviert fühle. Dazu kommt die hohe Frustration, weil in der Forschung das meiste nicht klappt. Leider braucht man mit meinem Abschluss aber trotzdem für die meisten Stellen in irgendeiner Form einen Dr.-Titel, selbst wenn sie außerhalb der Forschung angesiedelt sind, d.h. mindestens 3-4 Jahre Forschertätigkeit, die mich eher unzufrieden und unglücklich macht. Daran anschließend natürlich auch keine Garantie auf eine Stelle im Wunschbereich, am Ende muss man dann doch jahrelang auf befristeten Univerträgen hocken. Das ist keine spontane Unzufriedenheit, ich habe bereits einmal die Stelle gewechselt und während meiner Diplomarbeit hatte ich eigentlich TRAUMbedingungen, aber war auch eher mäßig begeistert.
Da ich mich damals auch für Pharmazie interessiert habe, kommt natürlich jetzt der Gedanke auf, statt Promotion einfach noch mal die Unibank zu drücken. In der Zeit, bis ich meine Promotion abgeschlossen hab, wäre ich ja auch wahrscheinlich schon mehr als zur Hälfte durch ein Pharmaziestudium durch. Laut Hochschulstart käme ich über mein Diplom garantiert auf eine Messzahl von 5 Punkten, was sowohl im SoSe als auch im WiSe für die Zweistudienquote (3%) reichen würde, besonders da ich auch beim Ort relativ flexibel bin, auch wenn man natürlich seine Lieblingsorte hat und andere, an die man eher ungern würde.
Wie schaut das aus, wenn man mit 27, 28 noch mal anfängt zu studieren? Ist man damit der älteste unter den ganzen 18, 19-jährigen Abiturienten und fühlt sich eher ausgeschlossen?
Was ich mir so insgesamt erhoffe:
1. Recht entspannter Arbeitsmarkt, auch ohne Promotion. Könnte ich als 32-33-jähriger Absolvent Probleme bei der Stellensuche haben?
2. Relativ breit gefächerte Möglichkeiten, falls Apotheker-Tätigkeiten mir nicht zusagen: Zugang zu Stellen, die ich auch als Biomediziner für einen Quereinstieg interessant fand, die aber auch oft (und teilweise nur) für Pharmazeuten ausgeschrieben sind: Regulatory Affairs, Pharmakovigilanz, Qualitätsmanagement. Gerade über das PJ hat man dann die Möglichkeit, bei o.g. Feldern bereits einen Fuß in die Tür zu bekommen.
3. Man tut etwas "sinnvolleres" und vor allem anwendungsbezogeneres als in der Grundlagenforschung und wenn man nur der Oma ihre Schmerztabletten verkauft. Arbeit im Gesundheitswesen fand ich schon immer reicht reizvoll.
4. Relativ geregelte Arbeitszeiten. Gelegentliche Nachtdienste oder Wochenenddienste sind für mich kein Problem, zumindest werden die ja meist in irgendeiner Form ausgeglichen.
5. Man nimmt die Arbeit normalerweise nicht mit nach Hause, so wie das in der Forschung oft der Fall ist, wo man abends noch Experimente plant, Paper raussucht, sich Gedanken zu sonstwas machen muss. Ich würde gern die Arbeit verlassen und mich im Feierabend nicht mehr damit beschäftigen müssen.
6. In der Apotheke flache Hierarchien, kleine Teams, dadurch für mich angenehmeres Arbeitsklima, kein "Abhängigkeits- und Bitstellergefühl" wie man es an der Uni gegenüber dem Prof verspürt.
7. Spätestens nach ein paar Jahren kennt man sich aus, fühlt sich nicht ständig überfordert mit seiner Arbeit.
8. Deutlich weniger Frustrationspotenzial, weniger Stress (ok, bei einer Führungsposition in der Industrie vielleicht nicht).
Was mich etwas abschreckt ist der Chemieanteil im Studium, aber ich denke, das ist keine unüberwindbare Hürde. Im alten Studium hatte ich jedenfalls mit Chemie wenige Probleme, wenn es auch nicht unbedingt mein Lieblingsfach war. Das Studium an sich stelle ich mir eher so vor, dass man sich durch einiges durchbeißt, aber dafür die Aussichten hinterher angenehm sind, also quasi umgekehrt wie bei meinem vorherigen Studium.
Was meint ihr? Habe ich relativ realistische Hoffnungen oder ist das eher ein "the grass is always greener on the other side..." Syndrom, das von meiner momentanen Unzufriedenheit geprägt ist?
Würdet ihr mir zu einem Zweitstudium raten oder eher nicht? Ich habe auch noch ein paar andere Plan-B-Lösungen (z.B. Medizin, da sind aber sowohl die Zulassung zum Zweitstudium, als auch das Stress- und Frustpotenzial ein gewisses Hindernis), aber Pharmazie klingt für mich bislang am attraktivsten.
Freue mich auf Rückmeldungen