Hey!
Ich stehe als Abiturient vor der Entscheidung der Studienwahl und bei allen in Frage kommenden Fächern gibt es Punkte, die mich an diesen Studiengängen zweifeln lassen. Ich lese hier schon lange mit und hoffe, dass mir jemand helfen kann. :-)
Pharmazie ist schon seit drei Jahren mein Studienziel. Mich fasziniert die einmalige Verknüpfung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, besonders die Nähe zur Medizin. Ein Medizinstudium kommt für mich nicht in Frage, weil mich die große Verantwortung sowie der sehr direkte Patientenkontakt abschrecken, mir v. a. aber die menschlichen Schicksale zu Nahe gehen (dabei würde mich eine Facharztausbildung in Onkologie/Hämatologie sogar am meisten interessieren). Ich habe keine tief verwurzelte Sehnsucht nach dem Arztberuf, finde das Medizinstudium eigentlich in erster Linie wegen den Inhalten interessant. Alternativen wie Molekulare Medizin/ Biomedizin und Biochemie sind für mich wenig sinnvoll, weil sie letztlich auf medizinische Forschung hinauslaufen, was sicher interessant, aber auch nicht mein Wunschziel und letztlich mit vielen Unsicherheiten verbunden ist (natürlich werden eine Promotion, im besten Fall ein Postdoc und gute Kontakte erwartet; Festanstellungen sind nicht die Regel, aber das ist allgemein ein Problem des heutigen Arbeitsmarktes).
Letztlich ist die einzige wirkliche Alternative zu Pharmazie ein Chemiestudium. Chemie begeistert mich sehr (mehr noch als Biologie) und es steht für mich außer Frage, dass Chemie ein zentrales Element meines Studienfachs sein muss. Für ein Chemiestudium sprechen v. a. das sehr weitgreifende Berufsspektrum in der verschiedenen Branchen (Pharma, Petro, Polymer/Kunststoff, Lacke, Farbstoffe, Mikroelektronik,…), die generell relativ guten Berufsaussichten, die Möglichkeit auch in Bereichen wie dem Patentwesen oder dem öffentlichen Dienst zu arbeiten. Dagegen spricht für mich die viel technischere Ausrichtung im Vergleich zu Pharmazie, der unbedingte Zwang zu promovieren (8-10 Jahre Studium), die Tatsache, dass die Industrie ja das Hauptberufsfeld ist, dort aber nur 36 % unterkommen, während viele einen Postdoc machen oder ins Ausland gehen (was ich beides nicht anstrebe). Auch der hohe Anteil an Physik und Mathe macht mir Angst, auch wenn ich beiden Fächer, v. a. Mathe, grundsätzlich nicht abgeneigt bin finde und nicht glaube, dass es daran scheitern würde.
Ich fühle mich bei Pharmazie einfach wohler, finde die Inhalte des Studiums schon interessanter. Es ist noch Bio und Medizin dabei und letztlich finde ich die Thematik Arzneimittel einfach spannend, auch deutlich spannender als Kunststoffe, Waschmittel oder Farbstoffe. Wenn ich ehrlich bin suche ich auch nur nach einer Bestätigung das Pharmazie das richtige für mich ist und meine Bedenken unbegründet sind, aber die perfekte Entscheidung kann man nie fällen. Ich muss einfach sagen, dass ich den Beruf des Apothekers zwar interessant finde, ihn mir aber für mich nicht vorstellen kann und will, weil mir das einfach nicht ausreicht. Ich bin nicht geld- oder karrieregeil, aber sehr ehrgeizig (nicht in Bezug auf Geld, sondern in Bezug auf Selbsterfüllung). Die Bezahlung für angestellte Apotheker finde ich unangemessen, v. a. in Relation zu anderen naturwissenschaftlich arbeitenden Akademikern und den Arbeitsalltag (den ich durch Bekannte kenne) nicht wirklich aufregend. Mir ist eine mich herausfordernde, anspruchsvolle berufliche Tätigkeit sehr wichtig, was ich im Beruf des Apothekers für mich (ich betone: für mich) nicht finden kann. Arbeitsplätze in Krankenhausapotheken und Krankenkassen sind interessanter, aber auch schlecht bezahlt, eine wissenschaftliche Karriere wäre wirklich schön, aber man kann wirklich nicht davon ausgehen, dass man das schaffen wird. Letztlich scheint mir eine Anstellung in der Industrie am attraktivsten.
Hier ist mein zentrales Problem: 80/85 % der Apotheker arbeiten in der Offizinapotheke, natürlich liegt das daran, dass der Beruf des Apothekers sehr frauen- und familienfreundlich ist und Pharmazie bekanntlich von vielen Frauen studiert wird. Gleichzeitig gibt es Umfragen, die sagen, dass nur eine Minderheit später in der Apotheke arbeiten will. Es scheint dann also in der Industrie und außerhalb zu wenig Stellen für Pharmazeuten zu geben. Ich weiß, dass Pharmazeuten auch die Vorteile genießen, als Einzige, über fundiertes Wissen in pharmazeutischer Technologie zu verfügen, aber die Industrie scheint ja doch ein Randbereich zu sein, denn man nicht unbedingt mit dem Pharmaziestudium anstreben sollte, oder? Ich habe außerdem einfach ein Problem zu sagen: Ich studiere Pharmazie, will aber nicht als Apotheker arbeiten. Das ist wie, als wenn ein Medizinstudent sagen würde, er will später kein Arzt werden (was es sicher gibt, aber irgendwie sinnfrei ist).
Dann antworten mir Freunde/Familie oft, dass ich dann doch lieber etwas anderes studieren solle. Bis auf Chemie kommt da aber nichts in Frage und ich fühle mich wie gesagt bei Pharmazie einfach wohler und habe vor einem Chemiestudium ziemlich Respekt. Es ist für mich jedoch eine Albtraumvorstellung, ein Pharmaziestudium abzuschließen und dann mein Leben lang in einem mich langweilenden Beruf zu arbeiten. Der Beruf ist nicht alles, ja, aber ich brauche die Herausforderung. Dann liest man im Internet auch Kommentare wie „Studier bloß nicht Pharmazie, damit wird man auf jeden Fall Offizinapotheker“ oder „Wenn man weiß, dass man nicht in die Apo will, studier lieber gleich Chemie oder PC“. Das deprimiert mich sehr. Pharmaceutical Science ist für mich auch keine Alternative, weil ich nicht in München studieren kann bzw. will und ich solche Nischenstudiengänge ohnehin nicht gut finde
Ich habe bei Chemie ein unwohles Gefühl und finde Pharmazie interessanter, weiß aber nicht, wie ich mich nun entscheiden soll. Chemie hat halt den Vorteil, dass man in verschiedenen Industriebranchen arbeiten kann, wobei man die Auswahl durch eine Spezialisierung im Studium auch einschränkt.
Sorry für den langen Beitrag, aber würde mich wirklich über eine zweite Meinung freuen.