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Thema: Placebo in der Medizin

  1. #1
    Administrator Avatar von ooonja
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    Placebo in der Medizin

    Der wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer empfiehlt in seiner Stellungsnahme Placebos in der Therapie stärker zu nutzen. Dies soll allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein:

    Zitat Zitat von http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2011/03/02/placebos-auch-in-der-aerztlichen-praxis-oft-wirksam.html
    Voraussetzung sei aber, dass in dem jeweiligen Einzelfall keine geprüfte wirksame (Pharmako-)therapie vorhanden ist, es sich um relativ geringe Beschwerden handelt und Aussicht auf Erfolg einer Placebobehandlung bei dieser Erkrankung besteht.
    Ich sehe das ganze zweigeteilt. Auf der einen Seite finde ich Placebos absolut faszierend und habe auch schon überlegt, wie man sie vermehrt zur Therapie nutzen könnte. Aber da liegt auch schon das Problem - wie soll man es umsetzen? Es gibt ja Placebotabletten (was steht da eigentlich im Beipackzettel?), aber ich bin mir nicht sicher wie überzeugend die sind. Da ist es wahrscheinlich einfachere wenn der Arzt eine Rezeptur verordnet, obwohl ich hier auch wieder das Problem der Deklaration sehe. Außerdem ist die Frage der Beratung noch offen, die ja zweifelsohne (gerade auch vom Arzt) eine entscheidende Rolle spielt.Ich halte es aber auch für möglich, dass ich ein Patient näher informiert (Internet) und dann herausfindet, dass er nur ein Placebo bekommen hat und dann wütend in die Apotheke kommt. In wie weit hat man das Recht den Patienten zu hintergehen oder ihn zu täuschen?!

    Bin gespannt auf eure Meinungen!

  2. #2
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    Also ich persönlich finde den Gebrauch von Placebos nur in zwei Ausnahmesituationen legitim:

    1.
    Bei einem akuten Notfall, z.B. wenn jemand kurz nach einem Unfall starke Schmerzen hat und man als Ersthelfer ohne echte Medikamente dasteht. Dann würde ich persönlich auch sagen, dass meine NaCl-Globuli ein stark wirksames Schmerzmittel sind, einfach um die psychische Komponente des Schmerzes etwas abzuschwächen.
    Ein Asthmaanfall wäre ein weiteres Beispiel für so einen akuten Notfall.

    2.
    Wenn ein Patient seit Jahren in ärztlicher Behandlung ist und kein Medikament gefunden werden kann, das ihm hilft, und er starke Beschwerden hat. Dann ist es meiner Meinung nach in Ordnung, den Patienten zu seinem eigenen Wohl zu veräppeln, einfach weil das Ganze mit Aufklärung ja nun mal - der landläufigen Meinung nach - nicht so gut funktioniert. Wobei ich folgenden Artikel in diesem Zusammenhang interessant finde: http://news.doccheck.com/de/article/202490-das-ende-des-placeboramas/
    Könnte also u.U. sein, dass es auch ohne Veräppeln funktioniert.

    Wenn ich als Apothekerin mit einem Placebo-Rezept konfrontiert würde, dann würde ich die Kapseln etc. herstellen und sie wie alle anderen Rezepturen auch deklarieren. Meistens reicht es ja schon, wenn man den lateinischen Namen eines Hilfsstoffes angibt, dann denkt der arme Patient, da wäre wer weiß was drin. Und wenn ich nach der Wirkungsweise gefragt würde, würde ich sagen, dass man die noch nicht genau kennt, aber dass die Wirkung erwiesen ist. Gelogen ist das ja alles nicht. Es ist halt nur nicht die ganze Wahrheit.

  3. #3
    Foren-Guru Avatar von Christin
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    Ich möchte nur kurz anmerken, dass ich bei einem Asthmaanfall kein Placebo geben würde, da dies bestimmt nicht die Bronchien erweitert - einen Status asthmaticus würde ich nicht riskieren wollen. Bei Schmerzen stimme ich dir zu, da ist ganz viel Psyche im Spiel, man denke nur an die Kochsalzspritzen im Krieg. Ich bin mir nur nicht sicher, wie lange so ein Placeboeffekt bei Schmerzen anhält...

    Ich finde den Rahmen der Nutzung auch legitim - es muss nun keiner befürchten, dass seine Herzinsuffizienz mit Placebos behandelt wird. Ich denke so kann man zum Beispiel schmerzmittelinduziertem Kopfschmerz vorbeugen oder Abführtropfenjunkies (von mir aus auch Nasenspray) helfen.

    Ich selbst kenne Placebos nur aus dem Krankenhaus, da ist die Gabe auch einfacher, da die Tabletten ja für den Patienten gerichtet werden müssen.

    Die Deklaration etc von Placebos würde mich auch interessieren - ich vermute aber, dass sie mit dem Original-Arzneimittel identisch sind (bei Fertigpräparaten) und eine andere PZN tragen?! Alles selbst hergestellte müsste man ja auch wie das Original deklarieren... Einfach der lateinische Hilfsstoffname ist wahrscheinlich nicht sinnvoll, Latein ist kein Geheimnis und den Rest weiß Google:-) Man sollte schon immer mit informierten oder sich informierenden Patienten rechnen.



    Geändert von Christin (05.03.2011 um 18:51 Uhr)
    You shoot me down, but I don't fall - I'm Titanium!

  4. #4
    Neuer Benutzer
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    Hallo Christin,

    Placebo hilft auch bei einem Asthmaanfall, da sich der Patient durch die Einnahme etwas entspannt. Es ist bei einem Asthmaanfall sehr wichtig, ruhig und gleichmäßig zu atmen und nicht in Panik zu verfallen, sonst verschlimmert sich der Anfall.

    Wie ich in meinem obigen Beitrag geschrieben habe, beziehe ich mich auf eine Situation, in der eine adäquate Pharmakotherapie nicht verfügbar ist, insofern gilt der Einwand mit dem Status asthmaticus nicht, denn der würde ja auch auftreten, wenn man dem Patienten einfach gar kein Medikament gäbe.

    Dahingegen glaube ich nicht, dass eine Placebogabe sonderlich gut bei Laxantienmissbrauch funktioniert, da hier eine echte körperliche Abhängigkeit besteht und keine direkte psychische Komponente vorhanden ist.

    Und es ist wohl kaum sinnvoll, das Originalpräparat gegen Placebo auszutauschen. Dann könnte man auch gleich das Originalpräparat geben, in der Hoffnung, dass es zumindest etwas nützt.

    Wenn der Patient tatsächlich durch Google herausfinden sollte, dass kein Arzneistoff in seinem Präparat enthalten ist, dann würde ich das Ganze auf die mystische Schiene abgleiten lassen: Man sagt dem Patienten einfach, dass der Wirkungsmechanismus nicht bekannt, aber die Wirkung erwiesen ist. Bei Homöopathika funktioniert diese Volksverarschung ja auch hervorragend :dodgy:

  5. #5
    Studi Avatar von Nachi
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    Das gleiche steht auch so in den Diskussionen im oben genannten Link.
    Ich bin immer wieder überrascht, wie sich manche Leute bei sowas verhalten und wie schnell sie sich teilweise persönlich angegriffen fühlen oder selber persönlich angreifen. Es scheinen dort ja doch keine jungen Semester großartig diskutiert zu haben, aber beim Lesen der Kommentare dache ich, dass sind wohl alte Kindergartenkinder, die sich wegen Schwachsinn streiten. Naja, auf eine etwas hochnäsige Weise natürlich.
    Aber zum Thema zurück. Es wurde in der Diskussion ja auch darüber gestritten, ob man denn nicht den Begriff Placebo ganz wegnehmen sollte, da ja Homöopathika nicht unbedingt eine andere "Wirkung" haben. Vorallem in den hohen Potenzen nicht. Da ist es schon frech teilweise zu behaupten, dass die hohen Potenzen ja so viel wirksamer sein, weil man Kraft und Energie...ach verdammt, da könnte ich mich schon wieder drüber aufregen über so eine bescheuerte Begründung. Da fühl' ich mich veräppelt.

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