Hi,
allen, die noch nicht genau wissen, wo sie denn Pharmazie studieren wollen, möchte ich einige Ratschläge geben:
Also hier in Hamburg in unserem kleinen Pharmazie-Institut ist die Personalsituation sehr schlecht. Das heisst, es sind jetzt schon Engpässe in der Lehre vorhanden und sie werden in den folgenden Jahren um einiges stärker werden. zB sucht unser Institut seit 3 Jahren einen neuen Chemie-Prof und schafft es nicht einen neuen zu finden. Außerdem verlässt im Schnitt jedes Semester eine Lehrkraft unser Institut, zum einen wegen der Emeritierungen, zum anderen da befristete Verträge auslaufen, oder da sie woanders bessere Stellen bekommen bzw gar aus unserem Institut rausgeekelt werden (das ist kein Scherz, zwischen den Profs bei uns tobt eine Art Machtkampf, viele hassen sich gegenseitig).
Es ist schon traurig, wenn viele (Ex)Dozenten einem Gesicht sagen, dass das Institut "scheiße" sei, alles nur bergab gehe usw. Es findet bei uns regelrecht eine Abwanderung des Lehrkörpers an andere Unis/Unternehmen etc pp statt.
In den künftigen Jahren werden wir hier noch weniger Profs und Dozenten haben, niemand weiß wie es genau weitergehen soll. Es wird gemunkelt, dass zB im Hauptstudium jedes Semester ein anderer Prof die Chemie-Vorlesung machen soll (je nachdem wer gerade den Lehrauftrag bekommen hat) , und wenn dann ein Prof das 2. Staatsexamen abnimmt, aber nur das 8. Semester hier Vorlesung gemacht hat und nur fürs 8. Sem. genau weiß, was drankam - na dann gute Nacht.
Im 3. Semester gibt es zB gar keine Vorlesung in organischer Chemie, sondern nur ein Seminar 2 mal die Woche, wo ganz schnell die Ergebnisse der Aufgaben abgeglichen werden (meist werden die Zettel nicht zu Ende besprochen, ausreichende Erklärungen fehlen ebenfalls). Das wirkt sich auch ganz klar auf die späteren Chemie-Kenntnisse und Staatsexamen-Ergebnisse aus.
Auch das Klima innerhalb der verschiedenen Fachsemester ist gelinde gesagt nicht das beste. Es finden gleich zu Beginn des 1. Semesters Gruppenbildungen statt, es herrscht eine Stimmung der Arroganz, Desinteresses und des "Gegeneinander" statt miteinander. Auf den veranstalteten Parties findet man auch nur einen Bruchteil der Studierenden...
Die Laborgruppen sind meistens 3er, 4er oder 5er Gruppen, wo jede(r) Einzelne nicht wirklich viel lernt, da die zu erledigende Arbeist meist von einer Person durchgeführt werden kann und die anderen stehen daneben und gucken zu. Effizientes Lernen durch praktisches Arbeiten sieht anders aus.
Auch die Evaluationen der Lehrveranstaltungen laufen gehörig schief: So ist es hier gang und gäbe, dass die betreffenden Profs/Dozenten die Evaluationsbögen selbst einsammeln, kritische aussortieren und besonders Untergebene Kommilitonen dann losschicken um die Verfasser dann ausfindig zu machen. Anschließend wird vor den Semestern dann mit rechtlichen Schritten etc gedroht.
Es werden auch Listen von Studierenden ausgehangen, welche eine Klausur nicht bestanden haben, das ganze findet dann unter dem Deckmantel "Studierende die an der Wiederholungsklausur teilnehmen möchten, müssen sich bitte hier eintragen" statt.
Auf den Fachschaftsrat kann man sich leider auch nicht wirklich verlassen, da wird nicht viel gemacht, außer dass zu Beginn des Studiums ein Mitglied des Fachschaftsrates von jedem Erstie erstmal 15 Euro "jährlichen Mitgliedsbeitrag" kassiert hat, denn "wer Pharmazie studiert, ist automatisch Mitglied im BpHD (so ein Verein)" . Eine Möglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft wurde uns nicht angeboten. Gemeckert hat keiner, denn niemand wollte gleich in der OE-Woche schlecht auffallen. Nur merkwürdig, dass man später keine Bestätigung von diesem Verein bekommt (ein Formular oder sonstiges mussten wir auch nicht ausfüllen), auch Post von denen bekommt man nicht und weitere Jahresbeiträge wurden auch nicht erhoben. Ganz zufällig ist die Schatzmeisterin des BpHD bei uns im Fachschaftsrat und auf der Homepage dieses Vereins war zu lesen, dass es erhebliche Geldprobleme gebe.
Die Verknüpfung dieser Fakten sei mal jedem selbst überlassen...
Auch eine subtile Benachteiligung von Studierenden mit Migrationshintergrund findet statt, welches vor allem in den Laborpraktika und gewissen Seminaren erkennbar wird. Das ist insbesondere Schade, da es sich bei Hamburg um eine weltoffene Stadt handelt.
Ich habe den Eindruck, in dem Institut geht es größtenteils nur darum, die Studierenden unterzubuttern: zB wenn eine Scheinvergabe stattfindet, dann muss es auch "Montag den xx.yy. zwischen 12.45 Uhr und 13 Uhr" sein. Kommt man eine Minute später, muss ein neuer Termin gemacht werden. Bis ein Schein überhaupt fertiggestellt wurde, kann das schon mal 10 Monate (!!!) dauern (Es ist nicht bei allen Dozenten so, ist aber schon vorgekommen).
Auch wird Menschen, die dort promovieren möchten, es erheblich schwer gemacht: So wurden den Betreffenden einfach das Arbeiten im Labor verboten (was für die Promotion aber absolut notwendig ist), Abbrüche der Doktorarbeiten waren die Folge.
Diese Liste ließe sich noch viel weiter führen, würde aber den Rahmen hier sprengen.
Zusammenfassend hat die Hamburger Pharmazie keine große Zukunft, viele vermuten eine baldige Schließung. Auch die prekäre Wohnsituation (zu wenige Wohnungen und zu teure Mieten) und dass Studiengebühren gezahlt werden müssen, sind noch zu berücksichtigen. Also lasst euch nicht von dem Spruch "Hamburg - schönste Stadt der Welt" verleiten.
Last but not least: Dies hier soll kein Racheakt oder Ähnliches sein, ich möchte lediglich auf die Situation hier im Institut hinweisen, viele der oben genannten Dinge bekommt man auch in den ersten Semestern auch gar nicht so mit sondern werden erst schleichend oder durch vertrauliche Gespräche klar. Den massiven Bemühungen des Instituts um ein positives Image soll hier mal mit der Wahrheit einhalt geboten werden.
Meine Schilderungen sollen letzendlich nur eine Entscheidungshilfe für euch sein, ob ihr wirklch in Hamburg studieren wollt?