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Thema: Ausbeutung durch die Pharmaindustrie

  1. #11
    tino255
    Gast
    Mal ganz provokativ gefragt:

    Wäre eine sichere und 100% wirksame HIV-Impfung oder eine zügige Heilung für die Pharmaindustrie wirtschaftlich? Wirtschaftlich hat die Pharamindustrie sicher nicht Interesse an Toten, aber doch Interesse daran, Medikamente zu verkaufen und da ist der derzeitige Zustand bei HIV doch praktisch: Die Betroffenen leben deutlich länger, dies auch vielfach bei recht guter Lebensqualität, aber sie sind angewiesen dauerhaft teure Medikamente zu nehmen. Würde jetzt ein Wirkstoff kommen, der die Krankheit zügig heilt oder gar eine sehr gut wirksame Impfung, die den Ausbruch der Erkrankung verhindert, würde ein kompletter lukrativer Markt zusammenbrechen.


    Im Übrigen wäre ich für eine Preisreglementierung neu zugelassener Medikamente. Für die Dauer des Patentschutzes ist die Preisbildung praktisch willkürlich möglich und steht zum Nutzen des Medikaments in keinem Verhältnis. Ein Beispiel aus der Onkologie: Ein Wirkstoff verlängert das Leben eines Patienten mit z. B. metastasiertem Melanom um 6 Monate. Bei häufig erforderlicher Medikamentengabe entstehen hier sehr hohe Kosten für einen Wirkstoff, der zwar zulassungsfähig war, aber nicht wirklich einen starken Nutzen bringt. Ein fiktiver Wirkstoff, der den Patienten mit metastasiertem Melanom innerhalb eines Einnahmezeitraums von sagen wir mal 2 Monaten heilen würde, bringt dem Hersteller am Ende weniger Geld ein, weil die Einnahmedauer kürzer ist. Meiner Meinung nach müssten hier Preisregelungen her, die den Preis am Grad des therapeutischen Nutzens orientieren. Für den genannten fiktiven Wirkstoff, der nach 2 Monaten zur Heilung führen würden, würde ich z. B. einen Preis im deutlich fünfstelligen Bereich pro Dosis für durchaus angemessen halten.

    Medizin und Pharmazie müssen insgesamt effektiver und damit im Ergebnis auch billiger werden. Dieses Ziel muss gefördert werden. Ich denke hier etwa an eine internationale Stiftung, die Preise im Millionenbereich ausschreibt und deren Erwerb an klar definierte Bedingungen koppelt. So könnte ich mir z. B. einen Preis im zweistelligen Millionenbereich vorstellen für die Entwicklung einer Methode, die dazu führt, dass 90% der Patienten, die an metastasiertem Lungen- Darm- oder Pankreaskarzinom erkrankt sind auch nach 5 Jahren noch nicht an dieser Erkrankung verstorben sind und dabei in ihrer Lebensqualität durch die Erkrankung oder ihre Therapie nicht dauerhaft wesentlich eingeschränkt werden. Zur Zeit ist es so, dass ein Patient, bei dem eine dieser Krebsarten im metastasierten Staudium festgestellt wird, in den letzten Monaten seines Lebens weit weit mehr kostet als vor 100 Jahren als vielfach nicht einmal eine zutreffende Diagnose gestellt worden ist und der Patient häufig zu Hause verstorben sein wird, ohne dass sein Leben wirklich wesentlich verlängert werden kann, da die Einjahresüberlebensrate etwa da liegt wo sie zu den Zeiten war, zu denen unsere Vorfahren mit der Kutsche übers Land gefahren sind. Dieser Zustand ist gesundheits- und finanzpolitisch bedenklich.


    tino255

  2. #12
    Administrator Avatar von ooonja
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    Zitat Zitat von tino255 Beitrag anzeigen
    Mal ganz provokativ gefragt:
    So könnte ich mir z. B. einen Preis im zweistelligen Millionenbereich vorstellen für die Entwicklung einer Methode, die dazu führt, dass 90% der Patienten, die an metastasiertem Lungen- Darm- oder Pankreaskarzinom erkrankt sind auch nach 5 Jahren noch nicht an dieser Erkrankung verstorben sind und dabei in ihrer Lebensqualität durch die Erkrankung oder ihre Therapie nicht dauerhaft wesentlich eingeschränkt werden.
    Verstehe ich dich richtig: ein Pharmaunternehmen forscht an einem WS/Behandlungsmethode und wenn es damit die "Aufgabe" erfüllt, erhält es von der Stiftung den Millionenbetrag? Was ist, wenn es anderes Unternehmen die Aufgabe auch einige Monate später erfüllt - bekommen sie dann auch Geld, oder bekommen sie nichts, weil sie zu spät sind? Mit einem zweistelligen Millionenbetrag kannst du nur leider kaum etwas ausrichten - um nicht zu sagen gar nichts. Bist du dir bewusst, wie viel es kostet einen neuen WS so weit zu entwickeln, dass er zugelassen werden kann? Da bewegt man sich im drei- eher vierstelligen Millionenbereich! Schon allein die Durchführung der klinischen Studien verschlingt wahnsinnig viel Geld. Außerdem werden die Ansprüche, die man an einen WS stellt nicht geringer - schließlich will man möglichst sichere WS. Das ist natürlich vollkommen nachvollziehbar, aber das ist auch nicht kostenlos.
    Wenn die "Aufgabe", wie in dem von dir genannten Beispiel, darin besteht, Daten auch nach 5 Jahren zu liefern (das ist eine wahnsinnig lange Zeit!), wird es eher noch teurer. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Leute glauben WS werden mit Absicht so entwickelt, dass sie nicht "so toll" sind. Aber seien wir mal ehrlich - man stochert zuerst im Dunkeln und erfährt erst mit der Zeit, was der WS kann oder eben nicht. Was passiert, wenn man einen WS entwickelt, den in die klinische Prüfung schickt, dann jedoch merckt, dass unerwartete NW auftreten, die so schwerwiegend sind, dass man es nicht weiterentwickeln kann!? Wie werden diese Kosten gedeckt - gar nicht? Dann würde es wohl bald gar keine Forschung mehr geben.

    Lg

  3. #13
    tino255
    Gast
    Das war ein Missverständnis, auf diese Art und Weise soll Forschung natürlich nicht hauptsächlich finanziert werden, sondern es soll ein zusätzlicher Anreiz sein. Das Geld soll auch nicht an Unternehmen ausgezahlt werden, sondern an die Wissenschaftler, die die Methode entwickelt haben, wobei ich natürlich auch weiß, dass es bei so etwas immer schwierig ist, Preise gerecht zu verteilen, weil keine Entdeckung aus dem Nichts stammt, sondern andere bedeutende Vorarbeit geleistet haben.

    Ich sage nicht, dass mit Absicht "schlechte" Wirkstoffe entwickelt werden; ich sage nur, dass bei vielen Krankheiten ein wirklich großer Wurf nach wie vor ausbleibt - und das Beispiel metastasiertes Melanom habe ich gewählt, weil hier gerade neue Wirkstoffe auf den Markt kommen, die bereits als großer Erfolg dargestellt werden, obwohl die Daten bei weitem nicht mit dem vergleichbar sind was etwa Imatinib für GIST und CML geleistet hat; konkret meine ich Ipilimumab und Vemurafenib. Für unverantwortlich halte ich übrigens, was sich die Hautklinik der Uni Essen da leistet: http://www.uk-essen.de/index.php?id=940. Hier wird von einem "Durchbruch" gesprochen, was Laien zunächst mal mit einer guten Chance auf Heilung gleich setzen werden. Solch eine falsche Erwartungen weckende Öffentlichkeitsarbeit darf sich eine Uniklinik auf ihrer Homepage, die auch von vielen Betroffenen gelesen werden wird, meiner Meinung nach wirklich nicht leisten!

    Was die Forschungsfinanzierung selbst angeht, so frage ich mich, ob die starke Drittmittelorientierung wirklich der richtige Weg ist. Es stehen hierdurch Abhängigkeiten, die Universitäten werden mehr und mehr Teil der Privatwirtschaft.


    tino255

  4. #14
    Ich kann mich Tino nur anschließen, AM, welche chronisch Kranke völlig heilen sind nicht rentabel und werden nicht entwickelt...insofern ist die Pharmabranche moralisch schon partiell verwerflich..

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