Apotheker C. hat Notfalldienst. Nachts um zwei wird er aus dem Schlaf gerissen. Ein Mann klagt über starke Migräne. Er habe das sonst nie, aber jetzt sei es ganz schlimm. Er brauche ein Medikament, egal was, Hauptsache, es hilft. Apotheker C. fährt also mitten in der Nacht in seine Apotheke. Dort lässt ihn der angeblich so sehr an Migräne leidende Kunde eine halbe Stunde warten. Dann fährt er mit dem Taxi vor. Apotheker C. fragt nochmals nach den Symptomen und empfiehlt dem Mann ein Mittel gegen Migräne. Ganz beiläufig meint der Mann, wenn er schon mal da sei, könnte er auch gleich etwas Natron mitnehmen, er habe ab und zu etwas Magenbrennen. Nach gut einer Stunde liegt Apotheker C. endlich wieder im Bett.
In der folgenden Nacht reisst ihn erneut ein Anrufer mitten in der Nacht aus dem Bett. Migräne, ganz stark, geht nicht mehr ohne Medikamente. Apotheker C. wird hellhörig. Das Päckchen Natron von vergangener Nacht kam ihm rückblickend schon reichlich merkwürdig vor. Ein zweites Mal lässt er sich nicht reinlegen. Diesmal verlangt er die Telefonnummer des Anrufers und stellt klar, dass er kein Natron verkaufe, falls dies allenfalls auch noch gewünscht wäre. Das wirkt. Der Anrufer ist nicht mehr überzeugt, dass er seine Telefonnummer angeben will. Unvermittelt meint er, seine Frau habe soeben noch etwas gefunden gegen seine Migräne, und legt auf.
Natron wird verwendet, um aus Kokainsalz die zum Rauchen besser geeignete Kokainbase herzustellen. Das wissen Apotheker. Aber selbstverständlich ist nicht jeder, der Natron oder Zitronensäure verlangt, ein Drögeler. Apotheker werden also bestimmt nicht bei jedem dieser an sich harmlosen Wünsche ein inquisitorisches Gespräch mit dem Kunden führen. Wenn allerdings Leute mitten in der Nacht etwas völlig anderes vorschützen, um ganz nebenbei auch noch Natron oder Zitronensäure zu kaufen, ist Zurückhaltung angesagt. Für solche Spielchen ist der Apothekennotfalldienst nicht da. Es ist Missbrauch einer kosten- und arbeitsintensiven Dienstleistung. Apotheker C. jedenfalls verkauft in der Nacht grundsätzlich kein Natron mehr und empfiehlt seinen Kolleginnen und Kollegen dringend, ebenfalls konsequent zu sein. Die Kokser werden dennoch zu ihren Substanzen kommen. Aber sie sollen zumindest wissen, dass man Apotheker nicht für dumm verkaufen sollte.